Mein Geist wird ganz ruhig, wenn ich am Ende der Meditation ihn frei laufen lassen soll. Warum?
Folgende Situation: Du folgst der geführten Meditation. Am Ende sage ich: "Lass jetzt deinen Geist freien Lauf. Er kann herumtoben und das tun, was er möchte." Genau in diesen Moment ist dein Geist aber ganz still. Warum eigentlich?
Erklärung: Unser Geist (ins Besondere unsere Aufmerksamkeit) weist schon seltsame Verhaltensweisen auf. Kein Wunder, dass die Buddhisten eine Funktion des Geistes mit einem "kleinen Äffchen" (Monkey Mind) vergleichen. Unser Geist springt also herum und beschäftigt sich mit verschiedenen Empfindungen, Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühlen, Geschichten etc.
Mit Hilfe der Meditation geben wir unserer Aufmerksamkeit (dem Geist oder dem "kleinen Äffchen") eine Aufgabe. Wir lenken unsere Aufmerksamkeit auf einen Fokuspunkt (z.B. Atem), halten sie dort und führen sie, bei Ablenkung, immer wieder zurück. Dadurch wird unsere Aufmerksamkeit verankert. Unser Geist beruhigt sich, denn das kleine Äffchen hat eine Aufgabe: "Folge dem Atem!"
Wenn der Geist verankert bzw. ruhig ist, dann können wir auch mit der "offenen Meditation" üben. Dies ist der Moment bei dem du deinen Geist "frei laufen lässt". Dies ist eine Form der Meditation in der wir uns mehr mit unserem Bewusstsein identifizieren anstatt mit unseren Empfindungen, Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühlen, Geschichten etc.
Wenn wir das tun, dann sind wir automatisch näher am Sein. Der Gedankenschnee in unserer mentalen Schneekugel ist gefallen und wir spüren diese Ruhe, Klarheit und Frieden. Dies geschieht so lange bis wir zu uns sagen: "Oh wie schön ist das gerade. Mein Geist ist so klar...!" Genau dann sind wir wieder raus aus diesem Zustand. Unser "kleines Äffchen" ist erwacht und möchte wieder herumtoben und entdecken. Trotzdem nehmen wir hier die Ruhe, Klarheit und den heilenden Effekt mit.
Bei der Offenen Meditation (Geist freien lauf lassen) identifizieren wir uns also mehr mit unserem Bewusstsein (unser wahres ich), anstatt mit unseren Empfindungen, Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühlen, Geschichten etc. ("Geschichten/Projektionen", die unser Bewusstsein wahrnimmt). Am Anfang ist es sehr schwer den Geist "offen" zu halten. Darum "ankern" wir ihn während der Meditation mit Hilfe des Atems.
Mit der Zeit können wir unsere offenen Meditation immer weiter ausweiten. Oder: Wir können auch eine tiefere Einsicht haben durch die wir uns permanent mehr mit unserem Bewusstsein (näher am Sein) identifizieren und weniger mit den "Geschichten/Projektionen", die unser Bewusstsein wahrnimmt.